NGOs: Durch Steuermissbrauch gehen jährlich 483 Milliarden Dollar verloren

Damit könnte Weltbevölkerung mehrfach vollständig gegen Corona geimpft werden

Der Steuermissbrauch durch multinationale Unternehmen und reiche Privatpersonen führt einem Bericht zufolge weltweit jährlich zu einem Verlust von Steuereinnahmen in Höhe von mindestens 483 Milliarden Dollar (422 Milliarden Euro). Mit dieser Summe könnte die Weltbevölkerung mehr als dreimal vollständig gegen das Coronavirus geimpft werden, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten ersten "State of Tax Justice"-Jahresbericht mehrerer Nichtregierungsorganisationen.

Von den 483 Milliarden Dollar an Steuern gingen 312 Milliarden Dollar durch grenzüberschreitenden Steuermissbrauch multinationaler Unternehmen und 171 Milliarden Dollar durch Offshore-Steuerhinterziehung wohlhabender Privatpersonen verloren, wie die britische NGO Tax Justice Network, die Global Alliance for Tax Justice und der globaler Gewerkschaftsverband Public Services International konstatieren.

Dabei besteht der Verlust der 483 Milliarden Dollar dem Bericht zufolge nur aus direkten Steuerverlusten - das heißt aus Verlusten, die durch die Analyse der von multinationalen Unternehmen selbst gemeldeten Daten und der von den Regierungen erhobenen Bankdaten festgestellt werden können.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die indirekten Verluste aus dem weltweiten Steuermissbrauch durch multinationale Unternehmen mindestens dreimal so hoch sind wie die direkten Verluste. Für die indirekten Verluste aus der Offshore-Steuerhinterziehung - also dem Deponieren von Geldern in Steueroasen - gibt es keine vergleichbare Schätzung.

Die 483 Milliarden Dollar seien nur "die Spitze des Eisbergs", erklärte der Datenwissenschaftler Miroslav Palansky vom Tax Justice Network. "Das ist das, was wir dank der jüngsten Fortschritte bei der Steuertransparenz über der Oberfläche sehen können, aber wir wissen, dass es unter der Oberfläche noch viel mehr Steuermissbrauch gibt, der ein Vielfaches an Steuerverlusten kostet."

In ihrem Fazit monieren die NGOs, "dass ein kleiner Club reicher Länder, die de facto die Kontrolle über die globalen Steuervorschriften haben, für den Großteil der Steuerausfälle der übrigen Welt verantwortlich ist". Länder mit niedrigerem Einkommen seien am stärksten von dem globalen Steuermissbrauch betroffen. Daher müsse die Festlegung von Regeln für die internationale Besteuerung von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) auf die UNO verlagert werden.



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