Bei einer Vielzahl von Verwertungen in der Insolvenz stellt sich folgendes Problem: vorhandene Immobilien sind durch vorrangige Grundpfandrechte wertausschöpfend belastet. Dennoch wurden noch deutlich nach Wertausschöpfung weitere Grundschulden und Sicherungshypotheken eingetragen. Dies führte bei der Verwertung durch den Insolvenzverwalter zu erheblichen praktischen und ökonomischen Problemen, da auch die im Grundbuch nachrangig besicherten Gläubiger aufgrund ihrer formalen Rechtsposition einzubinden waren und gegenfalls mit Lästigkeitsprämien (die in der Regel durch die vorrangigen Gläubiger aufgebracht wurden) abgelöst werden mussten. In einer Vielzahl von Fällen blieb damit bisher nur der Weg einer zeit- und kostenintensiven Verwertung von Immobilien im Wege der Zwangsversteigerung. Dadurch gingen Verwertungschancen verloren, Versteigerungsgerichte wurden mit Arbeit überhäuft, Massen wurden geschmälert und Sicherungsrechte entwertet.
Vor diesem Hintergrund erging unlängst ein Urteil des Bundesgerichtshofs (AZ: IX ZR 68/06), in dem unter anderem festgehalten war, dass Zahlungen (des Insolvenzverwalters) im Sinne so genannter Lästigkeitsprämien zur Ablösung solcher nachrangigen Grundpfandrechte insolvenzzweckwidrig sind. Nachfolgend wurde im Schrifttum (vgl. Schmid, DZWIR 2008, 501 ff. m.w.N.) die Auffassung vertreten, es würde sich hieraus ein Löschungsanspruch des Insolvenzverwalters ergeben. Dies war bis dato unentschieden und wurde streitig diskutiert.
Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass dieser Frage weitreichende Bedeutung zukommt, vor allem aber im Interesse des entsprechenden Verfahrens hat Herr Dr. Schwartz eine Klage auf Herausgabe von Grundschuldbriefen bezüglich solcher nachrangigen Rechte geführt. Die (erfolgreiche) Argumentation war, dass der nachrangig besicherte Gläubiger sich rechtsmissbräuchlich auf eine formale Position stützt. Obwohl offensichtlich ist, dass er bei einer Verwertung nicht mit einer Zahlung auf seine Sicherheit rechnen kann, wird die Verwertung behindert.
Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus dem Urteil: Im Urteil des LG Regensburg (4 O 1442/09 (2)) vom 30.09.2009 in dem Rechtsstreit Dr. Harald Schwartz gegen Herrn W. wegen Herausgabe wurde entschieden, dass der Beklagte den Eigentümergrundschuldbrief herauszugeben hat. Dem Insolvenzverwalter steht ausnahmsweise aus § 242 BGB in Verbindung mit dem Sicherungsvertrag ein fälliger Anspruch auf Rückgewähr der Grundschulden gegen den Grundschuldgläubiger dann zu, wenn feststeht, dass der betroffene nachrangige Grundschuldgläubiger wegen vorrangiger, anderweitig wertausschöpfender Belastungen des Grundstücks sein Absonderungsrecht nicht auch nur teilweise wird verwirklichen können. In einem solchen Fall gestattet es § 242 BGB nach Ansicht des Gerichts nicht, dass sich der Grundschuldgläubiger auf seine formale Position zurückzieht und das im Interesse aller Grundschuldgläubiger beabsichtigte oder geschehene Vorgehen des Insolvenzverwalters, der freihändig verkauft, behindert. In einem solchen Fall kann der Insolvenzverwalter dann die Rechtsaufgabe per Erteilung der erforderlichen Löschungsbewilligung und der Herausgabe ausgestellter Grundschuldbriefe verlangen (vgl. auch Rein, Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 29.03.2008, IX ZR 68/06, NZI 08, 365 und Frege, Keller, NZI 09, 11).