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Im Oktober letzten Jahres veröffentlichte der Bundesfinanzhof ein Urteil über den Entstehungszeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI). Er entschied entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung, dass erhaltene Anzahlungen für einzelne Leistungsphasen der HOAI, für die eine nachprüfbare Rechnung vorliegt, endgültig verdient sind. Somit ist eine Bilanzierung einer teilfertigen Arbeit für einzelne abgeschlossene Leistungsphasen der HOAI nicht mehr möglich. Das Bundesfinanzministerium hat sich nun der Entscheidung des Bundesfinanzhofs angeschlossen. In seinem Schreiben an die Bundesarchitektenkammer hat das Ministerium aber auch eine Übergangsfrist für die Anwendung eingeräumt. Danach ist die Entscheidung erst ab 2015, also nicht rückwirkend anzuwenden. Außerdem kann der durch die neue Bilanzierung von Abschlagszahlungen im Jahr 2015 entstandene Gewinn gleichmäßig auf 2015 und 2016 oder auf 2015, 2016 und 2017 verteilt werden. In dem Schreiben verbirgt sich aber noch eine Überraschung, denn danach will das Ministerium das Urteil nicht nur auf Abschlagszahlungen auf Grundlage der HOAI anwenden, sondern auch auf alle Abschlagszahlungen auf Werkleistungen nach dem BGB. Das hätte zur Folge, dass alle bilanzierenden Unternehmen, die Abschlagszahlungen in Rechnung stellen, von der Regelung betroffen sind. Sollte das Ministerium an dieser Ansicht festhalten, ergeben sich daraus mehrere Probleme. Der Deutsche Steuerberaterverband hat bereits kritisiert, dass nach dem Realisationsprinzip Gewinne nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag entstanden sind. Bei Werkverträgen tritt dieser erst im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges, also im Zeitpunkt der Abnahme des Werkes ein. Eine davon abweichende Aktivierung von Forderungen würde also handelsrechtlichen Grundsätzen zuwiderlaufen. Darüber hinaus ist die Ansicht des Ministeriums nicht vom Urteil des Bundesfinanzhofs abgedeckt. Der hatte nämlich in der Begründung für sein Urteil ausdrücklich festgestellt, dass es bei Werkverträgen grundsätzlich der Übergabe und der Abnahme des Werks durch den Besteller bedarf, um die handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen. Eine Ausnahme gelte nur, wenn wenn das Entstehen der Forderung durch Sonderregelungen wie z.B.
eine Gebührenordnung modifiziert werden. Genau das sei aber bei der HOAI der Fall. Folgt man dem Urteil, sind also nur bestimmte Branchen von der neuen Sichtweise betroffen. Eine solche Einschränkung auf Architekten, Ingenieure und vergleichbare Berufe ergibt sich aber nicht aus dem Schreiben des Ministeriums. Ohne eine klarstellende Äußerung der Finanzverwaltung ist damit völlig offen, wie Unternehmen Anzahlungen in diesem Jahr bilanzieren sollen.
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