Kampf gegen die Doppelbesteuerung von Gebrauchtwagen

Streit zwischen deutschem und französischem Fiskus

Über drei Jahre lang hat sich der Elsässer Jean E. mit dem Fiskus herumgeschlagen, bis er Recht bekam: Das Finanzamt im elsässischen Colmar erstattete dem Steuerberater 7896 Euro, die er - entgegen den Regeln der EU - in Frankreich für einen Gebrauchtwagen aus Deutschland an Mehrwertsteuer berappen musste. Die Behörde habe schließlich eingelenkt, weil er Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht habe, berichtet der 49-Jährige. "Die wollten einen Prozess vermeiden".

Andere hatten weniger Glück, wie die Leiterin der deutsch-französischen Verbraucherberatungsstelle "Euro-Info", Martine Mérigeau, zu berichten weiß. Immer wieder kommt es nach Angaben der Juristin vor, dass Franzosen, die im Nachbarland einen Gebrauchtwagen kaufen, nach der deutschen auch noch die französische Mehrwertsteuer von 19,6 Prozent aufgebrummt wird. Und dies, obwohl eine EU-Richtlinie schon seit 1977 die Doppelbesteuerung ausdrücklich untersagt.

Der Text schreibt klipp und klar vor, dass beim grenzüberschreitenden Gebrauchtwagenkauf die Mehrwertsteuer in dem Land zu entrichten ist, in dem das Auto erworben wird. Als "Gebrauchtwagen" gelten demnach Autos, die über sechs Monate alt sind und mehr als 6000 Kilometer auf dem Tacho haben. Dennoch erlebt so mancher Franzose, der in Deutschland einen fast neuen Gebrauchtwagen kauft - und die sind wegen der günstigeren Preise besonders beliebt - zu Hause eine unangenehme Überraschung: In Frankreich ist nämlich das Datum der Vertragsunterzeichnung ausschlaggebend und nicht das der Auslieferung, wie in Deutschland. Aus französischer Sicht handelt es sich damit um einen Neuwagen, und der ist nach den EU-Vorschriften im Land des Käufers zu besteuern.

Das musste auch Jean E. erfahren. Einem eifrigen Beamten im Finanzamt von Colmar fiel auf, dass sein BMW zwar bei der Lieferung sechs Monate alt war, nicht aber bei der Unterzeichnung des Vertrags bei einem Autohändler in Freiburg, die einige Wochen früher erfolgte. Prompt wurden 5220 Euro Mehrwertsteuer fällig, die um 40 Prozent auf 7896 Euro erhöht wurde, weil sich der Elsässer zunächst gegen den Bescheid stemmte.

Rund 30 ähnliche Fälle füllen bei "Euro-Info" mehrere Aktenordner. Mérigeau hat daher die EU-Kommission in Brüssel eingeschaltet. Die Behörde forderte Frankreich mittlerweile auf, der "Praxis der Doppelbesteuerung" ein Ende zu setzen. Sollte Paris dem nicht nachkommen, könnte der Fall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gebracht werden. Und dort hätte Frankreich vermutlich schlechte Karten: In zwei Urteilen vom Februar 1990 und Februar 2003 stellte der EuGH fest, dass ein Verkauf erst perfekt ist, wenn die Ware dem Käufer tatsächlich zur Verfügung steht - also bei der Lieferung.



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