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Richtwerte für Grundsteuerberechnung auf dem Prüfstand der Verfassungshüter

Hausbesitzer könnten Steuererhöhungen auf Mieter abwälzen

Die Richtwerte für die Grundsteuerberechnung beschäftigen am kommenden Dienstag die Richter am Bundesverfassungsgericht. Seit mittlerweile 22 Jahren streiten Bund und Länder über eine Reform der Steuer, die Grundstückseigentümer zahlen müssen. Im Jahr 2014 erklärte der Bundesfinanzhof (BFH) die Vorschriften zur Erhebung der Grundsteuer wegen völlig veralteter Richtwerte ab 2009 für verfassungswidrig.

Weil damit die Bescheide der Finanzämter seitdem nur vorläufigen Charakter haben, blicken die bundesweit 11.3000 Städte und Gemeinden nun mit Argwohn nach Karlsruhe. Dem Deutschen Städtetag zufolge ist die Grundsteuer mit 13 Milliarden Euro im Jahr eine der wichtigsten kommunalen Einnahmequellen.

Allerdings stützt sich die Bewertung des zu versteuernden Grundvermögens auf Grundstückswerte, die im Jahr 1964 und für Ostdeutschland sogar im Jahr 1935 galten. Damit ist für den BFH klar, dass diese sogenannten Einheitswerte je nach Gebäudealter und Lage stark von den aktuellen Verkehrswerten abweichen und damit ungerecht sind.

Dass sich der Streit über ein Reformmodell für die Besteuerung der bundesweit 35 Millionen Grundstücke so lange hinzieht, hat einen simplen Grund: Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) führt jede Reform zwangsläufig zu erheblichen Umverteilungen zwischen Ländern, Kommunen und Grundstückseigentümern. 

Die Berechnung der Grundsteuer ist kompliziert: Der Einheitswert des Grundbesitzes wird mit einer Steuermesszahl multipliziert, deren Größe davon abhängt, ob das Grundstück unbebaut ist oder darauf ein Ein- oder Mehrfamilienhaus steht. Die Steuermesszahl für unbebaute Grundstücke liegt in der Land- und Forstwirtschaft bei sechs Promille, ansonsten bei dreieinhalb Promille. Den so ermittelten Wert multiplizieren die meisten Gemeinden dann mit einem von ihnen festgelegten Faktor von mehreren hundert Prozent.

Im Jahr 2015 lag die Grundsteuer für ein Einfamilienhausgrundstück in Großstädten mit mehr als hunderttausend Einwohnern laut IW bei durchschnittlich 577 Euro im Jahr und für eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus bei 229 Euro. Diese Steuern ändern sich je nach Reformmodell: Für unbebaute Grundstücke mussten Eigentümer 2015 in den Großstädten 210 Euro Grundsteuer zahlen. Bei einem Bodensteuermodell würde der Betrag auf rund 950 Euro in die Höhe schnellen. Dies wäre für das IW ein klares Signal an die Eigentümer, "Grundstücke nicht ungenutzt zu lassen".

Die Länder sprachen sich zuletzt dafür aus, dass unbebaute Grundstücke künftig nach dem Bodenrichtwert bemessen werden, der sich aus den durchschnittlichen Verkaufspreisen der Vergangenheit ergibt. Bei bebauten Grundstücken sollte zusätzlich noch der Wert des Gebäudes ermittelt werden. Kommunen und Immobilienbesitzer werden nun in Karlsruhe voller Spannung beobachten, an welchen Stellschrauben nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für ein gerechteres Steuermodell gedreht werden muss.

Die Länder sind sich zwar einig, dass am Ende eine einfache und in der Fläche "aufkommensneutrale" Reform herauskommen muss. Dem IW zufolge könnte es dabei aber durchaus zu höheren Belastungen für einzelne Grundstücke kommen und insoweit Gewinner und Verlierer geben. Ein Teil dieser Verlierer scheint bereits festzustehen: Hausbesitzer können höhere Grundsteuern als Betriebskosten auf ihre Mieter abwälzen.

Das dürfte allerdings nicht so schnell passieren. Je nach Modell dauert die Neuberechnung der Einheitswerte für die 35 Millionen Grundstücke und Immobilien dem Deutschen Städtetag zufolge bis zu zehn Jahre. Die Verfassungshüter sehen dieses Problem ebenfalls und wollen deshalb den "Erstellungsaufwand einer Neuregelung" erörtern.



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